Von Ralf Keuper

Es gilt allgemein als ausgemacht, dass die Tage des bedruckten Papiers und damit vor allem die der Bücher gezählt sind. Trotzdem erscheinen immer wieder Meldungen, die nicht so richtig ins Bild passen wollen, wie die, in der davon berichtet wird, dass Papierdokumente in den Unternehmen noch immer ihr Unwesen treiben – sie stellen sogar ein größeres Risiko dar als Cyber-Attacken.

Wie konnte das passieren? Wie ist es möglich, dass die Vision des papierlosen Büros weiterhin auf seine Erfüllung wartet? Könnte das mit kulturellen Faktoren, gar mit der Evolution des Menschen zu tun haben?

Dieser Ansicht ist jedenfalls Matthias Horx, wie er am Beispiel des Buches verdeutlicht:

… Drittens sind Bücher eben keine >Daten<, sondern kulturelle Artefakte, mit denen uns eine Vielzahl von haptischen, olfaktorischen, optischen und anderen sinnlichen Signalen verbindet. Bücher sind >Stellvertreter von Ideen< – und gerade deshalb benötigen sie eine starke physische Dimension (in: Technolution. Wie unsere Zukunft sich entwickelt)

Ungeachtet dessen setzt sich der Siegeszug des E-Books auch in Deutschland unvermindert fort. Einzig die Buchpreisbindung scheint das gedruckte Buch vor der Virtualisierung zu bewahren. Bei Springer spricht man mittlerweile von der Emanzipation der Zeitung vom Papier.

Jedoch wäre es verfrüht, von einem Verschwinden gedruckter Bücher auszugehen. In einem Interview wagt Gerhard Lauer die Prognose, wonach die E-Books im Bereich der Unterhaltungsliteratur ihren Marktanteil weiter ausbauen werden, währenddessen anspruchsvollere Literatur auf absehbare Zeit in tradierter Form, d.h. als gedrucktes Buch publiziert und gelesen werde. Als Grund für letzteres gibt Bauer u.a. an, dass es in gedruckten Büchern leichter sei, Unterstreichungen und Notizen vorzunehmen. Die derzeitig verfügbaren E-Books, seien, so Jauer noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss. Weitere Innovationen sind zu erwarten.

Um so eine Innovation könnte es sich bei sobooks handeln, einem Gemeinschaftsprojekt von Sascha Lobo und Christoph Kappes. Auf ihrer Plattform können die Leser, wenn es nach dem Willen der Gründer geht, Bücher nicht nur lesen, sondern auch in sie hineinschreiben und die Kommentare weiter verlinken, wie Sascha Lobo in einem Interview erläuterte. Idealerweise klinken sich auch die Autoren in diese Interaktion/Collaboration ein. Das Buch quasi als Offenes Kunstwerk (Umberto Eco).

In seinem von der Kritik viel gelobten (gedruckten) Buch Auf der Spur des Papiers. Eine Liebeserklärung unternimmt Erik Orsenna eine, wenn man so will, Ehrenrettung des Papiers.

Bis auf weiteres wird uns das Papier bei der Lektüre begleiten.

Weitere Informationen:

Bücher werden immer digitaler

Der Wert von Papier im digitalen News-Zeitalter

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