Von Ralf Keuper
Bis noch vor wenigen Jahren war das Geschäft der Massenmedien ein Selbstläufer. Mangels Alternativen waren die Menschen auf die Informationsversorgung durch Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen angewiesen. Insofern lag Niklas Luhmann mit seiner Feststellung, die Massenmedien würden in gewisser Weise die Realität bestimmen bzw. konstruieren, richtig.
Selbst Konflikte konnten die Massenmedien zu ihrem gegenseitigen Vorteil nutzen, sie nicht selten auch künstlich inszenieren. Bei politischen Themen konnten sich die verschiedenen Lager in Position bringen und ihr Arsenal an Argumenten und Fakten abfeuern und sich nach der Schlacht, die meistens ausging wie das Hornberger Schießen, gegenseitig zu dem feinen Gefecht beglückwünschen und sich schon auf den nächsten Waffengang freuen. Journalismus als selbstreferentielles System. Nach diesem Modus arbeiten die Massenmedien nach wie vor. Auch die Digitale Transformation, wie bei Springer, wird davon überlagert. Daraus erklärt sich zu einem Großteil auch die Resistenz der Medien gegenüber der nicht nachlassenden Kritik und des schwindenden Vertrauens der Konsumenten. 
Gäbe es inzwischen nicht Alternativen und eine Gegenöffentlichkeit, die Massenmedien könnten ihr gewohntes Spiel bis in alle Ewigkeit weiter treiben. Leider nur hat sich die Situation grundlegend gewandelt.
Die Konsumenten sind dabei sich von den klassischen Medien zu emanzipieren. Das technische wie überhaupt das Allgemeinwissen ist inzwischen so verbreitet und über das Internet so zugänglich, dass ein Vorsprung der Journalisten kaum noch zu erkennen ist, häufig ist es sogar so, dass der Wissens- und Informationsstand selbst sog. Investigativer Journalisten hinter dem vieler Mediennutzer zurückbleibt. Ein Umstand, der in der Zeit vor dem Internet nicht auffallen oder schnell verwischt werden konnte. 
Heutzutage stehen dem normalen Mediennutzer zahlreiche Informationsquellen und Möglichkeiten zur Recherche zur Verfügung, was nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass sie objektiv sind. Allerdings sorgen die verschiedenen analytischen Werkzeuge, wie sie unter dem Schlagwort Big Data kursieren, dafür, dass immer schneller die Defizite der journalistischen Berichterstattung diagnostiziert werden können – quasi in Echtzeit. So gesehen setzen sich wissenschaftliche Standards, anders noch als Luhmann meinte, in den Medien langsam aber sicher durch. Das bedeutet freilich nicht, dass jetzt alle Informationen objektiv im strengen wissenschaftlichen Sinn sind bzw. sein werden. Das ist auch in der Wissenschaft eher die Ausnahme.
Jedoch wird es künftig leichter und schneller möglich sein, Falschinformationen oder die gezielte Lancierung von Berichten aufzudecken. Das alte Spiel funktioniert nicht mehr. Die Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung und der Entdeckung schmilzt rapide. Der Vorsprung der Massenmedien ist dahin. Was bleibt ist eigentlich nur noch die Spezialisierung oder die völlig Boulevardisierung. Für Klatsch und Tratsch ist immer Bedarf, wenngleich die Leserschaft aus Sicht der Werbung nicht unbedingt zu den zahlungskräftigsten zählen dürfte. 
Ein weiteres Dilemma für das Geschäftsmodell der Massenmedien, das sich eilenden Schrittes immer mehr der Phase nähert, die Adrian Slywotzky als Value Outflow bezeichnet. 

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