Von Ralf Keuper

Es mag nur ein schwacher Trost sein, aber immerhin: Auch andere Branchen tun sich ausgesprochen schwer damit, ihre Geschäftsmodelle, Organisationstrukturen und Unternehmenskultur an die Digitalisierung anzupassen. Selbst ein so wandlungsfähiges Unternehmen wie IBM macht die schmerzhafte Erfahrung, dass es mit Cloud-Services bzw. Software-as-a-Service extrem schwierig ist, Profite in gewohnter Höhe zu erwirtschaften. Diese Lernkurve steht der Bankenbranche erst noch bevor.

Da ist die Medienbranche, notgedrungen, schon weiter, wenngleich auch hier der Transformationsprozess noch im vollen Gang und ein Ende nicht abzusehen ist. Die Gretchenfrage der Digitalisierung bleibt, wie sich mit Internetangeboten ein auskömmlicher Gewinn erwirtschaften lässt; vor allem dann, wenn die eigenen Produkte kaum noch Raum für Differenzierung lassen und weite Teile der Kundschaft die Kostenlos-Mentalität verinnerlicht haben.

Es wäre jedoch verfehlt, für diese missliche Lage alleine die Kunden und ihr verändertes Kauf- und Informationsverhalten verantwortlich zu machen. Gleiches gilt für die oft als Datenkraken oder Monopolisten gescholtenen Internetkonzerne wie Google.

Nein, die Branche hat in den vergangenen Jahren ihre Hausaufgaben nicht gemacht und darauf gesetzt, unter eine Art Bestandsschutz zu fallen. Mag diese Hoffnung bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunktanstalten (noch) berechtigt sein, so verbietet sie sich in einem privatwirtschaftlich organisierten Wirtschaftszweig von selbst, noch dazu, wenn deren Beschäftigte, insbesondere die Wirtschaftsjournalisten, den Bürgern ebenso wie Unternehmen anderer Branchen, ja sogar Ländern über Jahre mangelnde Reformbereitschaft bzw. Innovationskraft attestieren.  Insofern ist es als ein erfreuliches Zeichen zu werten, wenn der Personalchef der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), Ulrich Bensel, selbstkritisch festhält, dass die Branche ihre Mitarbeiter in den letzten fünfzig Jahren blöd gehalten habe. Da möchte man spontan hinzufügen: Nicht nur die eigenen Mitarbeiter.

Wie auch immer. Andererseits eiert die Branche bei der Frage des Leistungsschutzrechts noch immer vor sich hin, statt zu akzeptieren, dass an Google (vorerst) kein Weg vorbei führt und sich stattdessen Fragen des eigenen Geschäftsmodells zuzuwenden. Das Informationsmonopol ist unwiederbringlich futsch; ob mit, gegen oder ohne Google. Die eigentliche Revolution steht nämlich erst noch bevor.

Einer der wenigen (Zeitungs-)Verlage, der nach meinem Eindruck die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich nicht mit den Schlachten der Vergangenheit aufhält, ist der britische Guardian. Dort arbeitet man mit Hochdruck an einer Verknüpfung von visuellem Journalismus, Datenjournalismus und sog. audience development teams.

Ob das reicht, wird die Zukunft zeigen.

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