Von Ralf Keuper
Im Jahr 1988 erschien das Buch REPORT. Über das Elend von Funk und Fernsehen. Ein Insider-Bericht, in dem der ehemalige REPORT-Baden-Baden – Redakteur Wolfgang Moser über seine Erfahrungen im damaligen Südwestfunk Baden-Baden berichtete. Dem Buch vorausgegangen war ein jahrelanger Streit im SWF um die Ausrichtung bzw. um die journalistische Unabhängigkeit von Report Baden-Baden, in deren Folge sich der damalige Leiter von Report Baden-Baden, Franz Alt, wenngleich widerwillig, der Weisung des CDU-Intendanten Willibald Hilf, die in einem “Neuen Konzept” niedergelegt wurde, fügte. Wolfgang Moser musste den Sender verlassen.
Einige der Aussagen in dem Buch zeigen, dass die Diskussion um die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien so neu nicht ist. An einigen Stellen überkommt einen ein Deja-Vu.
Hier einige Beispiele:
Man beobachte nur mal Bonner Fernsehjournalisten, wenn sie ihren politischen Gesinnungsfreunden für die ewig gleichen Nichtigkeiten die Mikrofone halten. Vielleicht ist der Kollege gerade in einem der zahlreichen Bonner Kungel-Kreise, “Wespennest” oder “Brückenkreis”, “Gelbe Karte” oder “Antenne” genannt, mit Hintergrundinformationen versehen worden, die natürlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind und die auch nur selten an die Öffentlichkeit gelangen.
Sinn dieser informatorischen Korruption ist, Journalisten das Gefühl vermeintlicher Wichtigkeit zu suggerieren, sie einzubinden in ein politisches Kartell, das selbst darüber bestimmen möchte, wann ihm Öffentlichkeit von Nutzen ist und wann nicht.
Ausgerechnet an dem Ort, an dem penibles Einhalten von Distanz zu den politischen Akteuren besonders wichtig wäre, gedeiht ein Klima der Kumpanei, des schulterklopfenden Einvernehmens – tödlich für jede unabhängige, kritische Berichterstattung.
Einige Zeilen weiter:
Zweifellos ist das Versagen des öffentlich-rechtlichen Journalismus mitverantwortlich für den Vertrauensverlust, den weite Teile der Politik in der Öffentlichkeit erlitten haben. Erst im Verein mit einer willfährigen Journaille konnten sich die Parteien zu jenem Moloch entwickeln, der mittlerweile das gesamte gesellschaftspolitische Geschehen maßgeblich bestimmt.
Über die Bedeutung alternativer Informationsquellen:
Bei meinen Recherchen für REPORT hat es mich immer wieder überrascht, welche Fülle an fundierten detaillierten Informationen gerade in der sogenannten Alternativszene zirkulieren. Informationen, die meist weder in den öffentlich-rechtlichen Archiven noch in offiziell zugänglichen Datenbanken zu finden sind.
Mir ist sehr bald klargeworden, dass ich von Leuten, die so gut informiert sind, mit meinen meist doch recht holzschnittartigen Beiträgen eher belächelt worden bin. ..
Keines der Themen, die in den letzten Jahren die gesellschaftspolitische Diskussion bestimmt haben, ist von den öffentlich-rechtlichen Medien entdeckt, zum Thema gemacht worden. Zumal das Fernsehen, als populärstes Medium, als Frühwarnsystem total versagt hat. Waldsterben, Gewässerverschmutzung, Artentod, die Gefährlichkeit der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenerige – Fehlanzeige. Immer erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, schwärmen auch die Kamerateams aus den Sendeanstalten aus.
Moser erwähnt im weiteren Verlauf den ehemaligen WDR-Intendanten Klaus von Bismarck:
“Emotional belastende Sendungen”, hatte schon der frühere WDR-Intendant Klaus von Bismarck gefordert, müssten “informierend oder kommentierend unterbrochen” werden, um die Zuschauer nicht “kritiklos in den Bann des Trends der Sendung” zu ziehen.
Das Buch enthält noch ein Zitat der International Herald Tribune über das Wesen bzw. die typischen Eigenschaften des deutschen Journalismus:
Das Hauptproblem der westdeutschen Presse – vielleicht ein Überbleibsel alten Obrigkeitsdenkens oder hierarchischen Denkens – ist die generell unterwürfige Haltung gegenüber dem politischen und wirtschaftlichen Establishment.