Von Ralf Keuper

Als die Geschäfte der Medienhäuser noch richtig rund liefen, war häufig die Redewendung zu hören:

Was in den Medien nicht erscheint, existiert nicht.

Heute müssten wir diesen Spruch abwandeln in:

Was der Facebook-Algorithmus nicht durchlässt, existiert nicht.

Die Irritation in der Medienbranche über die jüngste unternehmensstrategische Entscheidung von Facebook ist groß:

Facebook agiert wie eine Ratingagentur bei der Beurteilung der Bonität von Unternehmen und Staaten. Die Medieninhalte, der vermeintlich wertvolle Content der Zeitungshäuser, wird von Facebook auf Ramschniveau herab gestuft. Es geht auch ohne sie.  Die Verlage können froh sein, wenn sie wenigstens noch im Google-Newsfeed auftauchen. So ändern sich die Zeiten.

Langsam dürfte der Medienbranche klar sein, wo der Hammer hängt. Die aktuelle Entscheidung ist eigentlich nur eine konsequente Fortsetzung der Facebook-Strategie der letzten Jahre (Vgl. dazu: Facebook degradiert die Medienhäuser zu Content-Lieferanten).

Damals schrieb auf diesem Blog über die Zukunft der Medienhäuser als Partner von Facebook:

Irgendwann braucht man sie nicht einmal mehr als Lieferanten.

Dieser Fall ist nun eingetreten.

Die Machtverschiebung von den alten Medienhäusern zu den digitalen Verlegern hat eine neue Stufe erreicht (Vgl. dazu: facebook, Apple & Co sind die neuen (digitalen) Verleger).

Viel zu lange hat man in der Medienbranche und in der Forschung die Tatsache ignoriert, dass facebook und Google nicht nur Informationsintermediäre, sondern vor allem Medienunternehmen sind (Vgl. dazu: Google & Co.: Informationsintermediäre oder Medienunternehmen?); ein Punkt, den auch Wolfgang Michal in Setzen die Netzaktivisten die richtigen Prioritäten? monierte.

Solange die Medieninhalte der Verlagshäuser für facebook von Nutzen waren und in die strategische Ausrichtung passten, waren sie willkommen. Während sich dadurch die Abhängigkeit der Verlagshäuser von facebook erhöhte, nahm sie in umgekehrter Richtung ab oder entstand erst gar nicht.

Die Medienhäuser sind auf die Aufrufzahlen ihrer Beiträge auf facebook oder Google angewiesen, um für die Werbeindustrie interessant zu sein. Mit seiner Entscheidung zeigt facebook indirekt, dass der Sturmlauf der Medienhäuser gegen die neue ePrivacy-Richtlinie nicht mehr das eigentliche Problem adressiert. Ohne Plattformen, wie facebook, Google, Tencent, Bing, Baidu und andere ist die nötige kritische Masse nur schwer zu erreichen. Die Abhängigkeit ist schon viel zu hoch. Facebook und Google können die Medienhäuser quasi vertrocknen lassen (Vgl. dazu: Warnschuss für Verlage: Apple und Google sagen nerviger Online-Werbung den Kampf an). Den Verlagen fehlen die technischen und finanziellen Mittel, um eigene Plattformen oder Ökosysteme zu etablieren. Eine bittere Erfahrung für Bild, FAZ, Stern & Co. Wenn als Ausweg nur noch das Schalten nerviger Werbung bleibt, dann …

Von McLuhan

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