Von Ralf Keuper
Es klingt zunächst ein wenig verwegen, das Auto als Medium zu bezeichnen. Oder auch nicht: Denn in gewisser Weise ist das Auto ein Transportmedium. Nur werden hier nach gängiger Auffassung keine Informationen, sondern Menschen transportiert. Aber auch dieser Eindruck täuscht.
Mittlerweile sind Autos, wie in der Süddeutschen Zeitung kürzlich zu lesen war, rollende Computer, vollgestopft mit Kommunikationstechnologie – Stichwort: Infotainment. Das Auto als Schallkapsel, wie Christopher Neumeier in seiner Rezension von Sound and Safe. A History of Listening Behind the Wheel schreibt.
Waren es in den stürmischen Anfangsjahren des Automobils die Motorgeräusche, die dem Fahrer in den Ohren klangen, wird die Akustik im Auto heute von Radios, CD-Playern und Navigationssystemen dominiert. Im gerade aufziehenden Zeitalter der connected devices ist das Auto nur ein weiteres technisches Objekt, das mit anderen technischen Objekten unentwegt kommuniziert. Das Auto verwandelt sich in ein Medium. Der Transport der Fahrgäste tritt im Vergleich dazu in den Hintergrund.
Der Autofahrer findet im Auto fast dieselbe Umgebung, dieselbe Medien- und Klangwelt wie zu Hause vor. Medienbrüche scheinen im Verschwinden begriffen. Autohersteller wie BMW arbeiten an ausgefeilten Infotainmentsystemen ebenso wie der Automobilzulieferer Continental. Das Auto als Abspielgerät bzw. als mobile Medienplattform.
Die klassischen Medienkonzerne sind erst dabei, das Marktpotenzial, das sich ihnen mit dem Auto auftut, zu erschließen. Da sind Google und Baidu schon weiter. Sie haben die Chancen bereits erkannt.
Aber auch die Autobanken wollen von dem Trend profitieren. Die Bank im Auto ist alles andere als eine Utopie. Sie wird immer mehr zur Realität.
Weiterhin sind die Anbieter von Navigationssystemen zu nennen. Karten waren von Beginn an ein Medium, dessen Einfluss man nicht unterschätzen sollte. Auch hier sind Google (Google Maps) und Baidu den anderen Medienkonzernen mindestens einen Schritt voraus.
Es besteht derzeit reichlich Grund zu der Annahme, dass das Auto, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Leitmedium wird. Die Auswirkungen reichen dabei weit über die klassische Medienbranche hinaus. Betroffen sind vor allem die Automobilkonzerne und ihre Zulieferer. Die Szene wird künftig wohl noch um einige Startups bereichert werden.
Weitere Informationen: