Die seit Anfang der 1990er bei vielen Sendern übliche Wiederholung des Programms von vor 20 oder 30 Jahren kann als Tendenz zur Historisierung oder vielleicht sogar Selbstmusealisierung des Mediums verstanden werden. In diesem Sinne schreibt die Fernsehhistorikerin Milly Buonanno zu dem mit Wiederholungen gestillten Hunger nach Programm: ” television becomes a living museum of itself”. Auch wenn die Motive vorranging ökonomischer Natur sind, denn Wiederholungen von Eigenproduktionen kosten nichts, tritt das Fernsehen damit am Ende seiner Entwicklung in eine Phase der Selbstreflexion als historisches Medium. Das Fernsehen beginnt in gewissem Sinne, “sich selbst auszustellen”, nicht im Kunstkontext, aber doch in seinem eigenen, durch die digitale Technik immens erweiterten Rahmen, dessen technische und ebenso programmatische Bandbreite eine zuvor ungekannte Parallelisierung von Aktualität und Historizität im Medium erlaubt. Diese historische Selbstreflexivität des Fernsehens wird immens verstärkt durch die Multiplikation von Fernsehinhalten auf Online-Plattormen wie YouTube.

Zeitgenössische Kunst muss sich heute nicht mehr den Zugang zu Fernsehmaterial erkämpfen, wie noch bis Ende der 1970er-Jahre, sondern sie kann sich im “imaginären TV-Museum” des Internet frei bedienen. Im Vergleich zu den Zeiten des unwiederholbaren Paläo-TV, das als Ersatz für das Lagerfeuer einmalige “Live”-Erlebnisse versprach, könnte man in der heutigen Tendenz des Fernsehens zur Selbstwiederholung und “Selbstausstellung” auch ein Symptom für die veränderte Rolle der Zuschauer sehen. Als Flaneure im “imaginären TV-Museum” folgen sie .. nicht mehr dem Diktat des Programmschemas, sondern nehmen sich die Freiheit des selbstbestimmten Sehens, die ihnen aus der Kunstbetrachtung vertraut ist.

Quelle: Dieter Daniels. Das Fernsehen anschauen (als Kunst), in: TeleGen. Kunst und Fernsehen

 

Von McLuhan

Ein Gedanke zu „Die Selbstmusealisierung des Fernsehens“
  1. Man könnte auch einfach sagen, das Museum hat ´zig frustrierte, renommierte und hervor-ragende Kuratoren in der Belegschaft, der Keller ist voll mit nie oder nur selten ausgestell-ten Exponaten, und der aus lokalen (politischen) Größen zusammengestellte Stiftungs-Geldgeberrrat ist zufrieden und bestätigt ständig “Das Museum ist für alle da”. Deswegen gehören “Naive Landschaftsmalerei, Heimattöpfern, Brauchtum für alle” zwingend in die Daueraustellung.

    Zur Verteidigung:
    „Das wollen die Leute sehen. Wir müssen die Kunstinteressierten da abholen,… – Unser „Standing“ ist schwierig genug. Nicht, daß das hülfe, aber fast jeden Samstag und Sonntag hauen wir schließlich mit größtmöglich medial inszeniertem Bombast unsere unbestrittene (Kern)-Kompetenz raus mit einer von 10000 banalen Grandma-Moses-Zeichnungen (Wir besitzen sie alle!). “Wissen ‘se was; die kommen – die Leute wollen sowas sehen und glau-ben, es sei Kunst! Und jetzt sein’se still, wir sorgen doch für sie .Der Wurm muß möglichst vielen Fischen schmecken, und solange genug anbeißen ist doch alles prima.
    Haben Sie deswegen bitte auch Nachsicht, daß der Eindruck, Helene Fischer & Konsorten hätten signifikantere Präsens als Künstler nach unseren Erkenntnissen verifizierbar ist.
    Für etwaige Werksexegese holen wir dann aber doch lieber Leute von Außen – die können unseren Murks in der Öffentlichkeit schließlich “besser vermarkten”, dafür gibt es wenig-stens einen vermeinlichen Grundsockel an Zuspruch, der unabdingbar für unsere Wahr-nehmung und Existenz ist. Da muß man natürlich ab und an inhaltliche Kompromisse ma-chen und einzelne Kritiker auch mal hintanstellen. Es geht hier um das Ganze!“

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