Von Ralf Keuper

Es scheint, als mache sich langsam aber sicher Ernüchterung unter denjenigen breit, die mit dem Internet die Hoffnung auf eine gerechtere Welt verbanden.

Ein Beispiel dafür ist Andrew Keen mit seinem neuen Buch The Internet Is Not The Answer.

Wie aus einem Beitrag auf thenextweb hervorgeht, zeigt das Internet für ihn inzwischen dieselben Symptome, von denen zuvor schon das Industriezeitalter befallen war: Große Konzerne vereinen so viel Macht und Finanzkraft auf sich, dass sie in der Lage sind, gleich ganze, unterschiedliche Branchen umzukrempeln. Dies sei eine neue Dimension.

Da ist was dran, wenngleich (nicht nur) Peter Thiel hier anderer Meinung ist.

Machkonzentrationen, die Bildung von Monopolen und Oligopolen ist ein vertrauter Anblick, man denke an die Automobil-, die Öl-, Chemie-, Medien- und die Telekommunikationsindustrie sowie an die Banken- und Versicherungsbranche.

Nahezu jeder Massenmarkt begünstigt, ja erfordert in gewisser Weise die Bildung von Monopolen oder Oligopolen. Peter Thiel hat insofern Recht, dass nur große Unternehmen mit ausreichender Finanzkraft und Marktmacht in der Lage sind, neue Massenprodukte zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Beim Internet ist das nicht anders. Wer hier auf Dauer Erfolg haben will, muss, sofern er nicht die Nische anpeilt, sein Geschäftsmodell, wie es heute heisst, skalieren – nach Möglichkeit auf globaler Ebene.

Wirklich neu ist, dass die großen Internetkonzerne ihre Aktivitäten auf die unterschiedlichsten Branchen auszudehnen beginnen: Nach der Musik- und der Medienbranche, sind mitterweile die Automobil-, die Banken-, die Versicherungs- und die Gesundheitsbranche ins Visier von Alibaba, Tencent, Amazon, Google & Co. geraten. Macht und Möglichkeiten der Algorithmen scheinen unbegrenzt.

Handelt es sich hier nur um vorübergehende Erscheinungen, die jede Branche, Industrie bisher hat durchlaufen müssen, bis das Auftauchen neuer Anbieter oder Technologien dazu führen, dass die Karten neu gemischt werden?

Muss das Kartellrecht evtl. an die Besonderheiten digitaler Ökosysteme angepasst werden?

Bisher jedenfalls hat sich nicht, oder nur in begrenztem Umfang das Szenario eingestellt, das Chris Anderson in seinem Beststeller The Long Tail beschrieben hat.

Könnte die Maker-Bewegung hier etwas ändern?

So viel dürfte auch weiterhin sicher sein: Massenmärkte begünstigen die Bildung einheitlicher Standards, Verhaltensmuster, Geschmäcker, die nur sehr wenige Unternehmen gleichzeitig bedienen können. Das reicht von Fragen der Finanzierung, Produktion, des Marketing bis hin zur Logistik. So lange sich daran nichts wesentlich ändert, werden auch die Cyber Rules (Tom Siebel) vom betriebswirtschaftlichen Kalkül beherrscht.

So dezentral wird bzw. ist das Netz nicht, dass sich keine Hubs bilden würden, wie das Modell/Phänomen der Skalenfreien Netze zeigt.

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