In den letzten Jahrzehnten sind neue Informations- und Kommunikationsmedien entstanden: elektronische Datenverarbeitungsanlagen und ihre Verknüpfung zu Rechnernetzen. Diese Technologien haben ihre eigenen Sprachen: verschiedene Maschinenkodes und anwendungsorientierte ‚Programmiersprachen‘. Systeme und Medien ersetzen menschliche psychische Leistungen sowie Funktionen von historisch gewachsenen sozialen Institutionen. So ist es kaum verwunderlich, daß mit ihrer Einführung in die moderne Gesellschaft das komplizierte Beziehungsgefüge zwischen den Informations- und Kommunikationssystemen, die bisher in der Industriegesellschaft bestanden, verändert wurde. Es entstehen neue Oppositionen und Hierarchien, und ihre Bewertung bestimmt die medienpolitische Diskussion. Eine solche neue Opposition ist beispielsweise jene zwischen den sogenannten natürlichen Sprachen und den natürlichen Informations- und Kommunikationssystemen einerseits und den künstlichen Sprachen und den künstlichen oder ‚technologischen‘ Informations- und Kommunikationssystemen andererseits. Die deutsche Standardschriftsprache z. B. erscheint im Vergleich mit den Programmiersprachen als eine natürliche Sprache. Hochkomplexe Kommunikationssysteme wie etwa wissenschaftliche Tagungen gewinnen wieder an Natürlichkeit gegenüber den verschiedenen Formen elektronischer Datenkommunikation. Kognitive Leistungen des Menschen, die, solange sie mit tierischen Formen der Informationsverarbeitung verglichen wurden, als hochartifiziell galten, werden in dem Maße, in dem sie mit den Verarbeitungsleistungen von Computern verglichen werden, zu natürlichen Leistungen.

Link: Aufsätze, Rundfunkbeiträge und Dialoge zur Kulturgeschichte des Buchdrucks 1990 – 2004

 

Von McLuhan

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