Von Ralf Keuper
Im Rahmen der Ringvorlesung Agile Medien – Agile Marken. New Media Economics – Cycle by Digitalization zeichnete Wolfgang Mühl-Benninghaus die Entwicklung der letzen Jahre, Jahrzehnte in der Medienwirtschaft nach und gab einen thesenartigen Ausblick auf die nahe Zukunft. 
In den Jahren von 1948 bis 2000 stieg der Medienkonsum kontinuierlich an. In diesem Zeitraum waren keine oder nur gerine Substitutionseffekte zu erkennen; die Medien, wie Zeitschriften, Fernsehen und Radio, standen in einem additiven Verhältnis zueinander.  
Seit dem Jahr 2000 sorgen digitale Entwicklungsprozesse für ein Überangebot an Information, das sich an immer kleiner werdende Zielgruppen richtet. Es entstanden soziale Netzwerke; alte Strukturen und Pfade geraten durch kürzere Innovationszyklen, seien es Technologien oder Geschäftsmodelle, unter Druck. 
Soziale Netzwerke entwickelten sich zu selbst ausgestalteten öffentlichen Räumen, die auf die Meinungsbildung zurückwirken. Milieus verschwinden ebenso die Wertvorstellungen. Die one-to-many Kommunikation hat an Bedeutung verloren. Medien und Wirtschaft durchlaufen einen Strukturwandel. Kennzeichnend dafür ist auch, dass die Massenproduktion durch die Einzelproduktion abgelöst wurde. Das wiederum führt zu einem Ordnungsverlust, die modernen Märkte wandeln sich von push zu pull-märkten. Der User entscheidet wann, wo und in welcher form er Produkte und Leistungen konsumieren bzw. in Anspruch nehmen will. Der User entscheidet weiterhin, wie tief er in die Information einsteigt. Konsequenz daraus ist eine bisher unbekannte Form von Ausdifferenzierung des Publikumsinteresses. Weitere Folge ist die deutliche Reduzierung gesellschaftsübergreifender Themen. Die Macht der Kunden wird durch die sozialen Netzwerke gestärkt.
Kurzum: Die Digitalisierung ist mit einer partiellen Umkehrung des bisherigen Kommunikationsmodells verbunden. Werbung und Medien sind zwar nach wie vor als Themenspender relevant, die Inhalte werden jedoch kritisch hinterfragt und konkurrieren mit einer Vielzahl anderer Informationen, die von dem User nur noch daran gemessen werden, welchen Nutzen er von den Inhalten hat.
Politik und Wirtschaft werden mit Forderungen nach Offenheit konfrontiert; die Produktpalette muss sich den Kundenforderungen anpassen.
Die Informationstiefe und -breite sind gestiegen. Das wiederum wird zum Problem für die Markenkommunikation.
Die Medienwirtschaft steht daher vor fünf Herausforderungen
  1. Die überkommene Medienordnung wird schrittweise durch eine neue ersetzt. Es findet eine Diversifizierung der nachgefragten Inhalte statt. 
  2. Die Kommunikation wird sich stärker an den Bedürfnissen von Zielgruppen orientieren. Übergreifende Themen treten in den Hintergrund.
  3. Die Kontrolle von Absatz und Produkten kann mit dem bisherigen Standard nicht mehr aufrecht erhalten werden.
  4. Die Digitalisierung in den Medien führt dazu, dass Produkte und Innovatonszyklen durch die Nachfrage stimuliert werden
  5. Klassische Produktionsfaktoren wie Arbeit, Boden, Kapital und Wissen verlieren ihre Bedeutung und werden durch neue ersetzt bzw. ergänzt.
Bewertung:
Was die Emanzipation der User betrifft, kann man mit Blick auf das Phänomen des Plattformkapitalismus durchaus anderer Meinung sein. Bisher verläuft der Deal im Internet zwischen Usern und den “Datenkraken” einseitig. Die neuesten Datenschutzverordnungen wie auch die Sensibilisierung der Nutzer für den Wert ihrer Daten führen zu einem langsamen Bewusstseinswandel. Das betrifft übrigens auch die Konsumgüterhersteller, die ihrerseits bestrebt sind, die Abhängigkeit von den großen digitalen Plattformen und sozialen Netzwerke zu reduzieren, wie beispielsweise Unilever
Abzuwarten bleibt, ob die Me2B Economy sich durchsetzen wird. Sollte das der Fall sein, werden sich die Spielregeln, auch und besonders für die Markenkommunikation, gravierend ändern. 

Schreibe einen Kommentar