Der Film scheitert meistens, wenn er es unternimmt, mit seinen Mitteln die sehr großen Romane zu transkribieren, diejenigen, in denen die Sprache nicht in ihrem Vermögen als Informationsträger verwendet wird, sondern als Heraufbeschwörung. Die Bilder, die er dann vorsetzt, ohne eine Wahlmöglichkeit offen zu lassen, erinnern dann zu sehr daran, wie fatal vereinfachend er für die Phantasie im Vergleich zur geschriebenen Fiktion wirkt. Dafür hat er zahlreiche, im reinen Informationsstil geschriebene Unterhaltungsromane dank der unvergleichlichen Präsenz des Bildes nobilitiert: das ergibt ein Gleichgewicht. Was mich am Kino, dem ich immense Freuden zu verdanken habe, stört, ist das Gefühl, dass es sich nicht so sehr von – exzellenten oder mittelmäßigen – literarischen Vorlagen emanzipiert hat, wie es hätte sollen. Es schien dies eher in der Zeit der komischen Stummfilme von Chaplin und Keaton zu tun, die von ihrer Konzeption her völlig unliterarisch sind, eine ständig dynamisierte Abfolge von Gags, in der alles Bild und Bewegung war. Doch seit dem Tonfilm hat das Kino schlecht und recht wieder eine Gestalt übernommen, die ich trotz großer Erfolge ein bisschen bedaure, nämlich die einer Kletterpflanze, die ständig nach einem Rankstab sucht. Würde man eine Statistik der Filme anlegen, die bereits existierenden Werke verfilmen, dann wären, glaube ich, für das Jahrzehnt 1975-85 diese Filme prozentuell zahlreicher als in dem Jahrzehnt 1920-1930. Dies ist kein gutes Zeichen. Der Film verdient etwas anderes als eine Freiheit unter Bevormundung. Ihm fehlt vielleicht die Revolution, die der Impressionismus damals gemacht hat, indem er die Historienmalerei zugunsten der Malerei-Malerei eliminierte, oder, noch besser die, die Wagner seinerzeit gemacht hat, indem er den Opernmusiker vom Libretto wie von den Librettisten emanzipiert hat.
Quelle: Julien Gracq: Gespräche