Von Ralf Keuper

Die Diskussionen um die Macht der (Massen-)Medien ist zwar nicht alt – nur habe ich den Eindruck, dass hier noch in Kategorien gedacht wird, die sich schon längst überholt haben. Nach wie vor haben für viele Branchenbeobachter und Kabarettisten die klassischen Medienkonzerne wie Bertelsmann und Springer einen maßgeblichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. Einige halten gar Friede Springer oder Liz Mohn für die mächtigsten Frauen im Land, die, wenn sie wollten, Bundeskanzlerin Merkel jederzeit aus dem Amt schreiben lassen könnten.

Sicherlich verfügen die genannten Unternehmen und Personen über einen nicht zu unterschätzenden Einfluss – jedoch wird er m.E. deutlich überbewertet. Wenn dem so wäre, dann hätte Frau Merkel bei der letzten Wahl keine 9 Prozent verloren. Die Macht liegt schon längst woanders. Hier ist viel Suggestion im Spiel, oder anders: Es wird Personen und Institutionen eine Macht zugeschrieben, die überwiegend in der (Wunsch-)Vorstellung existiert. Auch diese Kaiser sind häufig nur leicht bekleidet.

Ein Unternehmen wie facebook, das mittlerweile 2 Mrd. Nutzer zählt, ist weitaus einflussreicher als jeder deutsche Medienkonzern. Gleiches gilt für Google, Amazon und Apple. Verglichen mit Apple, Amazon und Google ist Bertelsmann bestenfalls noch ein größerer Mittelständler. Soziale Messaging-Dienste wie WhatsApp, Alipay und WeChat sind entweder schon in Deutschland aktiv oder werden das auf absehbare Zeit sein. Wer glaubt, diese Dienste hätten keinerlei Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung ist bestenfalls noch naiv. Wenn das Medium die Botschaft ist, dann sind solche Unternehmen die Elefanten im Raum, die sowohl die Hardware (Smartphones, Tablet PC), die Reichweite im Internet, die Software (Betriebssysteme, AppStores), die Logistik und die Finanzierung abdecken können. Ganz zu schweigen von den Verfahren der Künstlichen Intelligenz. Diese Charakterisierung trifft auf keinen deutschen Medienkonzern auch nur annähernd  zu.

Die Auflagenzahlen von Bild, Stern, Spiegel & Co weisen seit Jahren kontinuierlich nach unten. Der Umsatz von Bertelsmann stagniert (inflationsbereinigt) seit über 15 Jahren! Meinungsmacht sieht anders aus. An diesem Befund ändern auch die Online-Angebote von Spiegel & Co. wenig.

Sicherlich fällt es vielen Medienbeobachtern schwer, von lieb gewordenen Stereotypen Abschied zu nehmen. Solange man sich an den alten Gegnern abarbeiten kann, so die stille Hoffnung, ist man selbst noch Bestandteil des (selbstreferentiellen) Systems. Nur wurde dieses System schon längst durch ein anderes abgelöst.

Wie begrenzt der Einfluss der Medien inzwischen ist, wurde spätestens im vergangenen Jahr offensichtlich, als Donald Trump einen erfolgreichen Wahlkampf gegen fast die gesamten Medien der USA führte. So etwas wäre Jahre zuvor noch undenkbar gewesen – auch für einen Multi-Milliardär. Davon unbenommen ist, ob man über die Wahl glücklich ist.

Die neuen Realitäten gilt es zunächst zu akzeptieren, wenn man daran etwas ändern will.

Von McLuhan

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