Von Ralf Keuper

Die Ankündigung des Otto-Versands, nach dem Katalog für Frühjahr/Sommer 2019 keinen weiteren mehr zu drucken, sorgte für einige Irritation. Bedeutet diese Entscheidung, dass gedruckte Kataloge ein Auslaufmodell sind? Otto selbst gibt an, dass 97 Prozent der Kunden ihre Waren online bestellen.

Die Zeiten haben sich gewandelt. Ohne den Quelle-Katalog, der in Spitzenzeiten auf eine Auflage von 11 Millionen Exemplare kam, ließe sich, so der Wirtschaftshistoriker Gregor Schöllgen in seiner Biografie von Gustav Schickedanz die deutsche Nachkriegsgeschichte nicht erzählen. Für die Zukunft dürfte das nicht mehr gelten.

Der Aufwand für die Erstellung eines Katalogs lohnt sich schlicht nicht mehr:

Die Art, wie so ein Katalog früher entstanden ist, passt nicht mehr zur heutigen Arbeitsweise: Das Produkt wurde in einem zwölfmonatigen Turnus vorbereitet. Einkauf, Warenpräsentation und Werbung funktionieren heute anders (in: Adieu, Otto Katalog, FAZ vom 22.11.18)

Einen Katalog für alle, so Otto-Chef Alexander Birken, brauche es nicht mehr, wohl aber spezielle Kataloge, etwa zu den Themen Technik und Mode.

Anders als Neckermann und Quelle, welche die Verlagerung des Versandhandels in das Internet nicht überstanden haben, sei es, so Schöllgen, der Otto-Gruppe zu einem frühen Zeitpunkt gelungen, sich gedanklich vom gedruckten Katalog zu lösen.

Die Hamburger begreifen, dass der traditionelle Katalog und das Internet nur schwer miteinander vereinbar sind. Der Katalogkunde verlässt sich darauf, dass der Preis der Ware während der Laufzeit des Katalogs stabil bleiben wird. .. Der Internetkunden setzt auf den günstigen Tagespreis. Daraus zieht Otto die – in ihrer Zeit und für den überkommenden Versandhandel – revolutionäre Konsequenz, vom Internet her zu denken und das traditionelle Katalogformat diesem Medium anzupassen. (in: “Gustav Schickedanz. Biografie eines Revolutionärs” von Gregor Schöllgen).

Gleich zu beginn den Versandhandel vom Internet her gedacht, hat Jeff Bezos, der mit Amazon Otto hierzulande deutlich überrundet hat – und das weitestgehend ohne Print.

In Nürnberg darf nun die Bertelsmann-Tochter Prinovis den letzten Hauptkatalog für Otto drucken. Ebenso wie Otto ist auch Bertelsmann in einem Kerngeschäft, dem Buchversand, von Amazon auf die hinteren Plätze verwiesen worden.

Von McLuhan