Von Ralf Keuper

Gleich zu Wochenbeginn werden wir mit überraschenden Erkenntnissen, was die Zukunft des Journalismus betrifft, geradezu überhäuft. Volker Schütz versucht in Warum die Tageszeitung zum Hoffnungsträger der Digitalstrategie wird zu erklären, weshalb doch noch alles gut werden könnte, und im Altpapierblog zeichnet Frank Lübberding, der uns am Gründonnerstag mit der frohen Botschaft der Wiederauferstehung des Journalismus in die Osterfeiertage schickte, in Lausige Zeiten ein Horrorszenario an die Wand:

Finden sich dann noch genügend Menschen, die Informationen nicht als bloßes Rauschen wahrnehmen wollen, sondern als Mittel zum eigenen Weltverständnis? Wenn das scheitert, wird man die Folgen erleben, wenn der Journalismus niemanden mehr ernährt. In Deutschland wäre das Informationsvermittlung ohne den Spiegel, die Zeit oder den Stern. Ohne die Süddeutsche Zeitung und die FAZ, ohne den Focus oder die Welt. Haben wir die taz und die Frankfurter Rundschau vergessen?

So, so: Spiegel, Zeit, Stern, FAZ, SZ und Focus(!) betreiben demnach also das Geschäft der Informationsvermittlung, nicht der Meinungsvermittlung. Da ist in letzter Zeit wohl nicht nur bei mir der gegenteilige Eindruck entstanden. Diese Form von Journalismus, der uns von den erwähnten Organen seit geraumer Zeit präsentiert wird, ist kaum noch geeignet zu einem besseren Weltverständnis, was immer das jetzt auch konkret heißen mag, beizutragen.

Lübberding schreibt einige Zeilen zuvor:

In Wirklichkeit leben die privatwirtschaftlichen Medienunternehmen noch immer von der alten Kundschaft aus vordigitalen Zeiten. Wer einmal seine Zeitung abonniert hatte, bleibt ihr häufig bis zum Lebensende treu.

In der “Welt von Gestern”, die für Lübberding der Referenzpunkt zu sein scheint, mag das so gewesen sein. Nur sind mir Fälle von Menschen bekannt, die ihre Zeitung und Zeitschrift, sogar den SPIEGEL, nach jahrzehntelangem Abonnement abbestellt haben, und ich selbst habe kürzlich das Abo mit der SZ gekündigt, schon alleine der neuen Wochenendausgabe wegen, die den Eindruck erweckt, als würden am Wochenende die Praktikanten zum Zuge gekommen, was nicht unbedingt von Nachteil sein muss. Auch sonst hat die Qualität der SZ, vor allem im Feuilleton, nach meinem subjektiven Eindruck, stark nachgelassen. Dennoch kauf ich sie hin und wieder am Kiosk.

Wenn die Situation so wäre, wie Schütz und Lübberding sie zu beurteilen scheinen, dann verstehe ich nicht, wieso die Süddeutsche Zeitung einen Sanierer benötigt. Ihrem Gesellschafter, der SWMH-Holding bereitet die SZ derzeit kein allzu große Freude, hat sie ihr doch im Jahr 2013 die Bilanz verhagelt.

Wir brauchen eine neue Form von Journalismus, auch eine neue Finanzierungsform, wie etwa die Einführung der Gemeinnützigkeit.

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