Von Ralf Keuper

Aus heutiger Sicht scheint es kurios, dass die Verleger von Enzyklopädien gegen Ende der 1980er Jahre noch Zweifel hatten, ob der Computer der geeignete Medienträger sei und nicht doch mehrbändige Ausgaben weiterhin die Regale in den Wohnzimmern zieren würden.

Beherrscht wurde der Markt für Enzyklopädien in Deutschland von F.A. Brockhaus und dem Bibliografischen Institut. Beide Unternehmen befanden sich zwar unter einem Dach, boten jedoch ihre Produktreihen weiter unter eigenem Label an.

Anfang 1987 begann sich langsam eine Medienrevolution bei den Enzyklopädien anzubahnen, wie das manager magazin in Das letzte Lexikon? in der Ausgabe 1/1987 berichtete:

Als einer der ersten deutschen Verlage investierte das Bibliografische Institut bereits Mitte der 70er Jahre in die neuen Medien. Meyer hatte zum Beispiel bis 1983 das größte über Btx abrufbare Lexikonangebot Europas. Jedes “Nachschlagen” per Computer und Telefon kostet 75 Pfennig. Geschäftlich interessant ist ein solches System jedoch erst, wenn es in drei Jahren zehnmillionenmal angezapft wird – in der gegenwärtigen Btx-Flaute eine illusorische Zahl.

Allein im Jahr 2012 verzeichnete Google 1,2 Billionen Suchanfragen. In Deutschland kam Google auf insgesamt 53 Milliarden Anfragen. Das pro Anfrage 75 Pfennig – Google würde noch mehr im Geld schwimmen ;.)

Auch sonst war man in den Verlagen skeptisch, was die Erfolgsaussichten elektronischer Medien betraf:

Während Duden bereits 1986 mit dem Computerhersteller Wang ein Rechtschreibhilfeprogramm (Preis für die Erstausstattung inklusive Hardware: 50.000 Mark) vorgestellt hat, das vor allem Großbetriebe einsetzen sollen, ist bei Meyer und Brockhaus – wie in der Branche allgemein – die Computer-Euphorie erst einmal gedämpft. Beim Vergleich zwischen bibliophilen und elektronischen Datenbanken schneidet das gute alte Buch heute nicht eben schlecht ab und wird wohl auch so schnell nicht totzukriegen sein. Im Moment jedenfalls ist es praktikabler und schneller als Btx und billiger als die Compact Disc.

Einige Jahre später, im Jahr 2001, stand mit Wikipedia eine praktikablere, schnellere und vor allem günstigere Alternative zur Verfügung.  Im Jahr 2009 verschwand die Bibliografische Institut & F.A. Brockhaus AG vom Markt.

Schreibe einen Kommentar